Das Adalbertskreuz
Das Adalbertskreuz
Die Geschichte Tenkittens beginnt mit dem Tode des Bischofs Adalbert von Prag. Es erlitten noch andere Männer als Missionare in Preußen den Tod, aber ihr Andenken ist in Preußen nicht so erhalten geblieben, wie das des Prager Bischofs, obwohl sein Aufenthalt in Preußen nur von kurzer Dauer war und ohne jeden Erfolg blieb. Daß sein Andenken in der ganzen Welt nicht erlosch, dafür sorgten die Polen. Ihre damalige Machtpolitik und ihr Drang nach der Ostsee hatten schon zu erbitterten Kämpfen mit den Preußen geführt, in denen
Adalberts Tod am 23.April 997 im Pruzzenlande. Relief im Dom zu Gnesen, wohin seine sterblichen Überreste überführt wurden. Weshalb er sterben musste und wo bleibt ungewiß. Nach anderer Lesart fand Adalbert - böhmischer Adliger mit Namen Wojtech - nämlich sein Ende in Truso, einem altpruzzischen Handelsplatz am Drauensee.
Gnesen mit seinem Dom ist jedenfalls sehenswert. Ich habe es in angenehmer Erinnerung. Die hielt an bis ich eine Stunde weiter in eine Kontrola Radarowa geriet. Die war nicht ganz so schlimm wie obige Situation...
sie stets unterlegen waren. Was ihr Schwert nun nicht vermochte, sollte der christliche Glaube vollbringen, nämlich die politische Abhängigkeit der Preußen von Polen. So reiste Adalbert im Auftrage und mit Unterstützung Polens nach dem Preußenlande. Die Preußen aber in ihrer Freiheitsliebe, in ihrer Treue zu den Göttern und im Haß gegen alles Slavische, das von Polen kam, töteten den slavischen Eindringling. Und eigentlich müssen wir jenem Preußenpriester, der den Speer gegen den slavischen Eindringling schleuderte, dankbar sein. Wäre Adalbert die Bekehrung gelungen, wäre das Preußenland von Polen abhängig geworden, der deutsche Ritterorden hätte nie in das polnische, sich christlich nennende Land, kommen können, unser Ostpreußen wäre kein deutsches Land geworden. Vom nationalen Standpunkt aus gesehen, ist jenes Ereignis also ein für die deutsche Sache dienliches. Bald nach des Bischofs Tode wurden zu seinem Gedächtnis Dome und Kirchen errichtet, so in Rom, Gnesen, Danzig, Stettin, Wollin und anderen Orten. Wie hätte man es versäumen können, am Orte seines Todes sein Gedächtnis auf dieselbe Weise festzuhalten. Die Preußen hatten keinen Grund dazu, hatten nicht einmal den Grund und Boden dazu gegeben. Allein in den Jahren 1014 - 1035, auf die die ältesten Nachrichten über die Entstehung der Adalbertskapelle zurückgehen, herrschte König Knut von Dänemark über das Samland, und dieser war ein Schwager des Polenherzogs Boleslaws. So ist vermutlich durch Druck des Beherrschenden jene Kapelle gebaut worden und nicht erst durch die Ordensritter nach der Eroberung Samlands. Eine Urkunde des Ordens aus dem Jahre 1422 spricht nicht von einer Gründung der Kirche, sondern die Urkunde des Ordensmarschalls zu Königsberg stellt die Adalbertskirche in Tenkitten als bestehend fest und erweitert die Zahl der Geistlichen an derselben auf 4, dazu 2 Chorsänger und einen Glöckner. Auch das Einkommen der Kirchenbeamten wird in einer Urkunde Festgelegt. Die hohe Zahl der Geistlichen hatte die Absicht, den Ruf der Wallfahrtskirche zu erhöhen und hat ihren Zweck erreicht. Tenkitten wurde ein berühmter Wallfahrtsort, den Tausende von Pilgern besuchten, zum größten Teil aus Polen. Papst Eugen der Vierte forderte in einer Bulle die ganze Christenheit im Jahre 1431 zu Wallfahrten nach diesem geheiligten Orte auf und, was wohl die Hauptsache war, zu einem Beitrag als Unterstützung zur Unterhaltung der Wallfahrtskirche. Er gewährte einen Ablaß von 100 Tagen, und das zog zu jener Zeit. Selbst der Bischof von Krakau meldete 1437 dem Hochmeister Paul von Rußdorf sein Erscheinen mit Gefolge an.

Mit dem Verfall der Kirche vor der Reformation schwand die Sitte der Wallfahrten, der Strom der Pilger ebbte ab; vergebens war das Bemühen der Hochmeister Friedrich von Sachsen und Albrecht von Brandenburg, das Ansehen der Kapelle zu heben, vergebens die Stiftung eines kunstvollen, geschnitzten, mit Malerei gezierten Altaraufsatzes, umsonst der Aufruf, die Stiftung als heiligen Himmelsfürsten Adalbert zu heben. St.Adalbert wurde vergessen, die Äcker versandeten, die Priester nagten am Hungertuche.

Luthers Lehre zog 1524 auch in dieses Kirchlein ein. Von den bisherigen 4 Geistlichen verblieb Pfarrer Liebhaber als erster evangelischer Seelsorger. Das kirchliche Leben erwachte von neuem in der Gemeinde. 1526 erhielt die Kirche einen kostbaren Kelch, 1530 die erste Orgel, bebaut von Meister Urban. In demselben Jahre besuchte Bischof Georg von Polenz die Gemeinde und setzte das Einkommen des Pfarrers fest. Es bestand aus jährlichen RM 60.-, Land und Naturallieferungen. Dazu wurde der Kirchendegen um 2 Groschen erhöht. Leute, die sich bei der Kirche begraben lassen, zahlen für das Begräbnis einen Taler. Die Kirchenrechnungen sollen gewissenhaft geführt werden und das Geld war wahrhaft nötig. Die Eingesessenen waren arm, die herzoglichen Kassen stets leer und der bauliche Zustand der Kirchen sehr schlecht. Die Mittel, die aus den Wallfahrten bestritten waren, waren seit 100 Jahren ausgeblieben, dazu war es kein massiver Ordensbau. Wenn 100 Jahre notwendige Ausbesserungsarbeiten an einem Gebäude unterlassen werden, so wird es baufällig und geht seinem Zerfall entgegen.


Durch die Palwen: neben dem Schlangenweg zum Kreuzwäldchen stand hinter dem weissen Haus
der Familie Richter-Rethwisch im Jahre 1943 mein Geburtshaus; am Kreuzwäldchen erreichte das
Seekabel Ostpreußen das Festland

  • Ostsee; Blickrichtung SüdWest; das Bild wurde von einem Flakgestell aus 'geschossen' 
  • Kreuzwäldchen; links daneben lag eine Schlucht mit einem Rettungs[boot]schuppen 
    dort kam das Seekabel Ostpreußen an Land


  • Haus der Familie Richter-Rethwisch; dahinter stand später unser Haus 



    Der 'Schlangenweg' geht durch die Palwenlandschaft (=überwachsener Dünensand) von
    Tenkitten zur Ostsee am 'Kreuzwäldchen' vorbei, in dem bis April 1945 ein eisernes Kreuz stand
    Foto von Herrn Alshut, Bremen; damals Soldat in der Gegend 
  • Und so geschah das Schicksal der Kirche von St.Adalbert am 24. November 1669. Drei Tage hatte ein gewaltiger Sturm gewütet, wie er in hundert Jahren nur einmal auftritt. Da kam der Sonntag, der 24.November 1669. Dem bösen Wetter zum Trotz hatte sich in der Kirche eine grosse Gemeinde versammelt. Es sollen 400 Personen versammelt gewesen sein; denn eine Trauung fand statt. Da kam, ehe der Gottesdienst noch beendet war, noch ein Wagen mit einem Täufling an und hielt vor der Kirchhofstür im Schutze der Ostwand der Kirche. Das Kind wurde in die Kirche zur Taufe gebracht. Doch der draußen harrende Fuhrmann bemerkte plötzlich, wie das Dachgebälk verschob, daß sich das Gemäuer aus den Fugen löste und der Mörtel herabrieselte. Die Gefahr überschauend, sprang er zur Kirchentür, riß sie auf und schrie den Notruf in das Gotteshaus. Pfarrer Heinrich Vasoldt brach die Predigt ab und blieb auf der Kanzel. Es war nicht die erste Gefahr, die ihm in seinem Leben begegnete. Er war weit in der Welt herumgekommen und hatte als Feldprediger beim Regiment Waldeck 4 Jahre die Schrecken des schwedisch-polnischen Krieges erlebt. So leitet er mit Umsicht die Räumung der Kirche. Die Gemeinde konnte ihr Leben mit saurer Not wie eine Beute aus der Kirche tragen, schreibt ein Zeitgenosse. Dann stürzte die Kapelle ein. Aus den Trümmern grub die Gemeinde die heiligen Geräte, Altar und Kanzel heraus, rettete, was noch brauchbar war und brachte alles in die Burgkapelle zu Lochstedt, die durch Anordnung des großen Kurfürsten fortan der Gemeinde überlassen wurde. Derselbe Sturm versandete auch das Pfarrland, sodaß der Pfarrer nach Tenkitten übersiedelte. Auch der vereinsamte Kirchenkrug wurde aufgegeben. Er lag auf der anderen Seite des Grabens, in dem jetzt der Rettungsschuppen steht und von dem auch heute noch zuweilen Ziegelreste gefunden werden. Altar und Kanzel blieben in der Burg Lochstedt. Als im Jahre 1869 die Burgkapelle durchgreifend erneuert wurde, geschah es so gründlich, daß auch wertvolle Gegenstände entfernt wurden, darunter der Altar der Adalbertkirche, der als Brennholz verkauft wurde. Durch einen glücklichen Zufall kam er in den Besitz eines Kunstverständigen und ziert heute noch als wertvolles Schaustück die Sammlung der Marienburg. Ein anderes Schicksal war der Kanzel beschieden. Mit anderem Gerümpel erstand sie der Bauer Gronau aus Legehnen. Da aber jeder Bauer praktisch veranlagt ist, wurde auch dieses auf seine Verwendbarkeit geprüft. Und siehe da! es wurde daraus ein Wirtschaftsgegenstand. Der Pfeiler der Kanzel wurde um 3 Fuß kürzer gesägt, wenn auch der Schnitt mitten durch den Erzengel Michael ging, die Brüstung wurde abgeschlagen und so ergab das Übrigbleibende einen schönen großen Gartentisch, wie die Bäuerin sich ihn für ihre Milchschüsseln und Töpfe schon lange gewünscht hatte, weil von der schmalen Bank die Katzen und der Wind die Gefäße oft heruntergeworfen hatten. So diente der Rest der Kanzel ein Menschenalter als "Melkdösch". Neue Zeit bringt neue Wirtschaft. Die Milch wurde nicht mehr in Schüsseln aufgestellt, sondern wandert in die Molkerei, und der Tisch hatte ausgedient. Jetzt wanderte er auf den Holzhaufen zum Holzhauer. Sein Name ist uns erhalten geblieben. Es war der alte Bergatt. Ehe er ans Werk ging, beschaute er sich den achtkantigen Pfosten, kratzte mit einem Span die Erde von dem halben Erzengel Michael und besah sich die "Popp" näher. Das schimmerte doch so wie Gold.
    Stand bis April 1945: Das Kreuz an der Ostsee..
    Er kratzte weiter und buchstabierte: SANCT. Er wiegte seinen grauen Kopf und murmelte: "Rein wie ut de Kärch". Dann nahm er eine Priese, schwang die Axt und bereitete Kanzelrest und Erzengel ein unrühmliches Ende.

    In einem Reisebericht vom Jahre 1740 heißt es: "In St.Adalbert sieht man nur noch eine Ecke einer in Schutt zerfallenen Kirche und schon um 180 ragte nur noch ein schwach erkennbarer Mauerrest aus dem mit Wacholder bewachsenen Trümmerhaufen. Der Gedanke aber, an dieser, wenn auch verödeten Stelle ein Gedächtnismal zu errichten, lebte weiter. Regierungsrat Müller aus Königsberg tat dieses im Jahre 1822. Er erhielt vom Amtmann Hintzke Fischhausen zu diesem Zwecke einen Eichenstamm und ließ aus diesem ein 9 1/2 m hohes und 60 cm dickes Holzkreuz errichten, das aber auch den Stürmen zum Opfer fiel.

    Das heutige Adalbertskreuz ist eine Stiftung der polnischen Gräfin Wielopolska, die durch einen Polenaufstand 1831 nach hier verschlagen wurde. Sie überwies 400 Taler dem Superintendent Lange, Fischhausen zur Errichtung eines eisernen Kreuzes, das in der Uniongießerei in Königsberg geformt wurde. Die Mehrkosten wurden durch öffentliche Sammlungen aufgebracht. Graf Dohna-Wundlaken ließ auf seine Kosten die schmiedeeisernen Blattranken in dem Kreuz einfügen.

    Zur Huldigungsfeier König Friedrich Wilhelm IV. in Königsberg war auch der damalige Erzbischof von Gnesen, von Dunin, erschienen. Er besuchte das Adalbertskreuz und fasste den Plan, dort eine katholische Kirche zu errichten. Im Verein mit dem Bischof von Ermland wußten sie den König für diesen Plan zu gewinnen. Allein der evangelische König und der katholische Klerus konnten nicht einig werden. Während der König eine Simultankirche vorschlug beharrte der Erzbischof auf eine rein katholische. Anstelle der Kirche wollte nun der König eine Gedenkhalle mit dem Standbild Adalberts bauen lassen. Pläne und Bauzeichnungen wurden entworfen, Geld gesammelt, aber nichts getan. Der Romantiker auf dem Thron konnte sich auch hier nicht vom Gedanken zur Tat entschließen. Die Entschlußkraft fehlte und so kam auch dieses, wie so manches Geplante nicht zur Ausführung.

    Nach der Erkrankung des Königs befahl Prinzregent Wilhelm, vom Bau weiterer Gedächtnisstätten abzusehen. Die gesammelten Baugelder wurden verteilt und das Standbild des Bischofs Adalbert, das schon angefertigt war, bekam einen Platz am Eingang zu der Kirche zu Fischhausen, wo es noch bis zum heutigen Tage steht.

    Am 23.April 1897 fand eine 900jährige Gedächtnisfeier am Adalbertskreuz statt. Dabei wurde der jetzige eiserne Zaun um das Kreuz gesetzt und der Adalbertshain angelegt, der jetzt als Kreuzwald in der hiesigen Gegend bekannt ist.







    Stand: 22.Juni 2004

    Impressum:

    • Verfasser der Chronik: Adolf Gronau (1868 Legehnen - 1954 Füssen)
    • Web-Version: Robert Kuhlemann, geb. 16.September 1943 in Tenkitten   eMail: r.klm@gmx.net
    • Bilderquellen: Ostpreußen - Wegweiser durch ein unvergessenes Land im Bechtermünz Verlag
    • und privates Foto (Alshut; Ostsee blau koloriert)
    • und Heimatbrief Unser schönes Samland vom Sommer 1997 (1000 Jahre Tod Adalberts)
    • Anmerkung: Die Abschrift sowohl dieser Chronik als auch der von Tenkitten hat meine Mutter aus Ostpreußen mitgebracht. Die Tenkitten-Chronik stellte ich 2002 ins Internet und mein Vater nannte den Namen Gronau als Verfasser, wußte aber nichts näheres. Im Mai 2004 bekam ich dann unvermittelt elektronische Post von Herrn Schaich aus München. Der brachte Licht in das Dunkel. Herr Adolf Gronau war sein Großvater, stammte aus dem Nachbardorf Legehnen, und hatte bei seiner Flucht zwei Koffer mit all seinen Manuskripten zurücklassen müssen, später dann aber alles aus der Erinnerung neu niedergeschrieben... Das nahm ich dann zum Anlaß, auch diese Chronik ins Internet zu stellen (25.Mai 2004).
    • Bilder von Adalbert gibt es nicht. Aber etliche kirchliche Abbilder wie beispielsweise nebenstehendes.
         Die Aufschrift in polnischer Sprache auf der Schriftrolle (A. Mleczko):
      Auf dem Schriftstück steht der Name der Jesusmutter Maria mit dem
      Hinweis auf die Unschuld:

       Boga   --- Gott
       Rodzica --- Mutter (altpolnisch)
       Dziewica --- Jungfrau.

      Damit beginnt ein altpolnisches Lied, welches das "Religiöse"
      und den Patrotismus verbindet. In Polen war und ist das als
      Mariakult bekannt. Beispielsweise vor der Schlacht gegen den
      Kreuzritterorden in Grünwald (Tannenberg) am 15.Juli 1410
      haben die polnischen Truppen eben dieses Lied gesungen.


      Adalbert war adeliger Herkunft aus Böhmen; sein weltlicher Name war Wojtech;
      er trat in den Dienst der Kirche und nahm später den Namen seines Lehrers,
      des Bischofs Adalbert von Magdeburg an. 1997 gab's 1000-Jahre-Sonderbriefmarken
      in einigen europäischen Ländern, so auch in Deutschland.

    Einige weiterführende Verweise (Links):

  • www.catholic-forum.com/saints/sainta19.htm
  • www.catholic-forum.com/saints/sta19001.htm
  • Weitere durch Suchmaschinen wie Google, Stichwort z.B. St.Adalbert
  • www.robert-kuhlemann.de/tenkitten.htm (Chronik von Tenkitten)